„Würdetafeln“ aus der JVA Wolfenbüttel

Mit den Würdetafeln aus Holz will der Gefängnisseelsorger Markus Galonska die Würde aller Menschen unterstreichen – gerade auch zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes.

Hinter Gittern haben Häftlinge aus Wolfenbüttel in der Arbeitstherapie Würdetafeln aus Holz hergestellt. Das Logo des Bonner Künstlers und Diakons Ralf Knoblauch enthält das Abbild einer Krone, darüber wurde das Wort „Würde“, darunter das Wort „unantastbar“ mit Brennstempeln in die Holztafel hineingebrannt.

„Ein wichtiger Grundsatz für mich als Seelsorger in der JVA ist, dass jeder Mensch eine `königliche Würde` von Gott bekommen hat. Aus dieser Würde fällt kein Mensch heraus, auch nicht, wenn er Straftaten begangen hat“, unterstreicht Markus Galonska. „Für mich bedeutet das, ich begegne in der JVA einem Menschen und nicht einem Inhaftierten. Beim Inhaftierten verbindet man sofort den Menschen mit seiner Tat. Das mache ich nicht. Die Taten können abscheulich sein, die entschuldige ich auch nicht. Aber seine Würde kann ein Mensch niemals verlieren. Die Würde ist der Grund dafür, dass er bereuen und sich ändern kann. Um dahin zu gelangen, muss er diese Würde gespiegelt bekommen“, ist sich der Seelsorger gewiss.

Zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes stellt das Niedersächsische Justizministerium in einer Instagram-Reihe einzelne Grundrechte vor. „Wir sind mit einem 30-sekündigen Video zum Artikel 12 Absatz 3 an der Reihe“, beschreibt Galonska. Im Artikel 12 geht es um die Berufsfreiheit, in Absatz 3 steht, dass Zwangsarbeit nur in Justizvollzugsanstalten gerichtlich angeordnet werden könne. „In der JVA wird die Arbeit zwar angeordnet, das hat aber mehrere Aspekte. Beispielsweise, dass Arbeit in Haft ein Privileg sein kann. Die Menschen haben mit dem Produkt direkt zu tun und bekommen ein gutes Feedback für Ihre Arbeit, was ihre Würde unterstreicht. Das ist in diesem Fall keine Maßnahme gegen die Würde, sondern unterstützt ihre Würde“, betont der Gefängnisseelsorger.

Die Idee mit den Holztafeln stammt von Ralf Knoblauch. Auf die Anfrage des Künstlers an die Geschäftsstelle der katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland, welche JVA diese Tafeln in seinen Werkstätten herstellen kann, hat Galonska direkt für das Gefängnis in Wolfenbüttel sein „Ja“ signalisiert. Schnell waren die Brennstempel mit den Wörtern bestellt, die Krone hat Galonska nach einer Vorlage mit einem Linoleumschnitt selbst hergestellt. „Das Holz wird aus alten Paletten ausgesägt, dann Vorderseite und Kanten ganz weich geschliffen, die Rückseite wird nur ganz leicht angeschliffen, damit man das Naturmaterial spüren kann“, beschreibt Galonska die Arbeitsgänge vor dem Stempeln. Den dritten Brennstempelt mit der Aufschrift „KnastKunst“ für die Rückseite der Tafel ist gerade in der Mache, freut sich der Gefängnisseelsorger.

Galonska erläutert, wie wichtig Arbeit für die Insassen ist: „Es gibt einen Dreiergrundsatz: Etwas, womit ich mich beschäftige, muss verstehbar sein, es muss handhabbar sein und es muss Sinn ergeben.“ Und der Sinn sei gegeben, da die Würdetafeln bereits hundertfach angefordert wurden. So auch von Pastoralassistentin Monika Migge aus Peine. „Ich plane mit den Würde-Tafeln aus der JVA in Wolfenbüttel am 1. Juni zum Historischen Marktplatz in Peine zu gehen, um dort auf dem Fest der Kulturen die Katholische Kirche zu vertreten und mit den Menschen über die Menschenwürde und christliche Werte ins Gespräch zu kommen“, sagt Migge. Veranstalter des Festes ist das Bündnis für Toleranz. Abgegeben werden die Tafeln gegen eine Spende.

 

Sabine Moser