Wenn der Beruf die Berufung ist

Braunschweiger Klinikseelsorgerin Martina Nowak-Rohlfing geht nach 18 Jahren in den Ruhestand. Sie begleitete Patienten und Angehörige in schweren Zeiten, spendete Hoffnung und half den Menschen, Leid zu ertragen.

„Meinen Beruf gebe ich ab, meine Berufung nehme ich mit und werde sie weiterleben“, sagt Martina Nowak-Rohlfing (63) bei ihrer Verabschiedung vor mehr als 50 Gästen auf dem Klinikgelände an der Celler Straße. Die Seelsorgerin begleitete 18 Jahre lang frühverwaiste Eltern, Patienten der Onkologie-Palliativstation und deren Angehörige und half Menschen mit psychosomatischen Problemen bei der Trauerarbeit. Außerdem etablierte sie gemeinsam mit Kollegen eine ökumenische Trauerfeier für Sternenkinder – Kinder die kurz vor, während oder nach der Geburt sterben. Nun geht die engagierte Krankenhausseelsorgerin in den Ruhestand.

Im Erstberuf pharmazeutisch-technische Assistentin war sie in einer Krankenhausapotheke beschäftig, wo sie Cytostatika für Krebspatienten herstellte. „Mich interessieren mehr die Menschen als die Medikamente dahinter“, dachte sie damals. Mit Anfang 30 orientierte sich Nowak-Rohlfing beruflich um und ließ sich im Bistum Hildesheim innerhalb von sechs Jahren zur Gemeindereferentin ausbilden. 

„Ich habe das nicht mit dem Ziel gemacht, in eine Gemeinde-, sondern in die Krankenhausseelsorge zu gehen.“ Nachdem sie eine Weile als Gemeindereferentin in St. Laurentius in Braunschweig gearbeitet hatte, trat sie 2003 ihre Stelle im Klinikum an der Celler Straße der Löwenstadt an. „Mit dem ersten Tag hier war ich wirklich in meinem Element. Das hat sich als eine echte Berufung herausgestellt. Ich bin mit Leib und Seele Krankenhausseelsorgerin“, betont sie.

Genau hinzuhören, gemeinsam Leid zu ertragen und Hoffnung zu spenden, beschreibt die Leiterin der Palliativstation Dr. Frauke Rösick die Stärken der Seelsorgerin. „Du hast ein offenes Ohr nicht nur für die Patienten und ihre Angehörigen, sondern immer auch für die Mitarbeiter. Diese Fähigkeit ist eine große Gabe“, sagt die Oberärztin bei der Verabschiedung sehr persönlich. „Das hat Gott ziemlich gut hinbekommen, dass er dich hierher gesäht hat.“

„Du hast vielen Menschen geholfen, zu sich selbst zu kommen in der Freude und im Schmerz und dabei geholfen, die große Schönheit zu entdecken, die in ihnen lebt, auch wenn sie noch so krank sind“, würdigt sie Pater Johannes Witte. Er ist ihr Kollege und als Krankenhausseelsorger für die Geriatrie zuständig.

Nowak-Rohlfing hat Menschen vielfach bis zum letzten Atemzug begleitet: „Ich habe immer wieder Sterbende ohne Angehörige begleitet – auch außerhalb von Corona.“ Alle Seelsorger haben auch während des Lockdowns in der Celler Straße ihren Dienst getan. Die Einsamkeit der Kranken sei aber schon deutlich spürbar gewesen. Zumal Angehörige nicht zu den Patienten kommen durften und auch keine ehrenamtlichen Dienste im Haus waren. „Ich finde, das Personal ist toll damit umgegangen und hat ermöglicht, was möglich war“, lobt die 63-Jährige. An diesem Standort werden keine Corona-Patienten behandelt, die Corona-Station liegt am Standort Salzdahlumer Straße. Aber natürlich gab es einige Corona-Fälle vor Ort.

Außerhalb des Krankenhauses arbeitet Nowak-Rohlfing als geistliche Begleiterin und gestaltet jährlich gemeinsam mit Pater Johannes einen Glaubenskurs und bietet Exerzitien im Alltag an. Ihre Arbeit als geistliche Begleiterin führt sie für das Bistum weiter. „Auf jeden Fall will ich ehrenamtlich aktiv werden“, plant sie für ihren Ruhestand.

Ansonsten geht sie gerne gemeinsam mit ihrem Mann mit dem VW-Bus auf Reisen. Ihr erstes Ziel im neuen Lebensabschnitt soll die Klause von Niklaus von der Flühe in der Schweiz sein. Der Schweizer Nationalheilige aus dem 15. Jahrhundert lebte als Eremit, wurde trotzdem oft um Rat gefragt und hat für die Menschen gebetet. „Da zieht es mich hin, weil ich sein Gebet jeden Tag bete.“ Es lautet: „Mein Herr und mein Gott, nimm von mir, was mich hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott, gib mir, was mich fördert zu dir. Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.“

 

Sabine Moser