„Unsere Könige haben keine Namen“

13 Kinder und Jugendliche der ukrainischen Seelsorgestelle in Braunschweig bereiten sich auf ihre Sternsingeraktion vor.

Wenn man Stepan, Nazar, Marko, Marharyita, Solomia, Daria und Maksym bei ihrer Probe in der katholischen Kirche St. Josef beobachtet, sieht man als Engel und Teufel verkleidete Jugendliche, dazu einen Söldner. Sie kämpfen spielerisch um einen Stern, sagen dabei ukrainische Texte in Versform auf und singen wunderschöne Lieder. Es sind sieben der insgesamt 13 Kinder und Jugendlichen da, die sich Mitte Dezember mit Katarina Terletska zu einer Probe in der ukrainischen Seelsorgestelle in Braunschweig getroffen haben.

Sternsingen und Teufel? Gehören da nicht die drei Heilige Könige Caspar, Melchior und Balthasar hin? Nicht so bei den ukrainisch griechisch-katholischen Christen, die seit fast zwei Jahren in der St. Joseph Kirche ihre Gottesdienste nach byzantinischem Ritus – wie die orthodoxen Kirchen – mit Pfarrer Petro Terletskyy feiern. Weihnachten feiert die katholische Ostkirche seit zwei Jahren am 25. Dezember gemeinsam mit den römisch-katholischen und evangelischen Christen.

„Es gibt auch Könige bei uns, die sind aber namenlos. Man weiß auch nicht, wie viele es waren: drei, sechs oder neun? Das sind verschiedene Traditionen. Die heiligen Könige werden bei uns auch als Sternendeuter bezeichnet“, erläutert der Seelsorger. „In Wirklichkeit ist Christus in kriegerische Verhältnisse hineingeboren mit Armut und Ungerechtigkeit. Deshalb werden bei uns viele Akteure dargestellt“, erläutert er.

Sonst gibt es einige Ähnlichkeiten mit dem traditionellen Dreikönigssingen hierzulande: Die Mädchen und Jungen sammeln Geld für einen guten Zweck, führen ein Theaterstück auf, das man sich wie ein Krippenspiel vorstellen kann und singen traditionelle Weihnachtslieder über Christi Geburt. Das ukrainische Sternsingerlied „Schtschedryk“ gehört heute zu den bekanntesten Weihnachtsliedern im englischsprachigen Raum. „Es heißt dort `Carol of the Bells`“, berichtet Pfarrer Terletskyy. Bekannt ist es bei uns durch den Weihnachtsfilm „Kevin allein zu Haus“.

Von Haus zu Haus ziehen die ukrainischen Sternsinger in Braunschweig nicht. „Sie treten natürlich in der Kirche St. Joseph auf, aber auch, wo größere ukrainische Gemeinden sind. Also Goslar und Einbeck, Salzgitter, Göttingen und Hildesheim werden wir ab Weihnachten auf jeden Fall besuchen.“ Bei den Einladungen nach Hamburg, Lübeck und Magdeburg ist sich der Pfarrer noch nicht sicher. „Wir müssen schauen, ob wir das zeitlich schaffen.“ Daneben sind die Sternsinger auch bei einigen wenigen Familien zu Gast.

Ein Großteil der Kinder ist bereits vor gut zwei Jahren aufgrund des russischen Angriffskriegs aus ihrer Heimat geflohen. Sie sind sehr froh, sich hier in St. Joseph zu treffen und ihre christlichen Traditionen leben zu können. „Ich mache hier zum zweiten Mal mit“, sagt Marharyita in akzentfreiem Deutsch. „Hier in Deutschland ist es mir sehr wichtig, die eigene Kultur zu zeigen“, betont sie. Maksym spielt einen Söldner von Herodes, ihm gefällt seine Rolle gut: „Es ist nicht zuviel und nicht zu wenig Text. Ich mache für den guten Zweck mit, aber auch wegen der lustigen Szene.“ Marko spielt die Quelle des Bösen: „Ich sage, dass ich das Jesuskind töten muss.“ Gut, dass Daria dazwischenfunkt: „Ich bin ein Engel, der die Teufel wegjagt und Josef, Maria und das Jesuskind beschützt.“ Daria ist erstmals dabei. „Für den guten Zweck, das ukrainische Zusammensein und für Weihnachten“, sagt sie lächelnd.

Seit Krieg ist, sammeln die ukrainischen Sternsinger Spenden für Projekte im Heimatland. „Vergangenes Jahr sammelten die Kinder für ein Quad mit Anhänger zum Verwundetentransport“, so Terletskyy. In diesem Jahr stehen medizinische Projekte im Fokus. „Wir haben viele Anfragen“, sagt er mit ernstem Blick.

 

Sabine Moser