„Kirche hat für Menschen in Not da zu sein“
Der Braunschweiger Propst Reinhard Heine geht nach 21 Jahren in den Ruhestand. Von seinen vielfältigen Aufgaben wird der dann 68-Jährige am 3. September bei einer Heiligen Messe in St. Aegidien verabschiedet.
Für den scheidenden Propst von St. Aegidien, Dechant, Regionaldechant, Domkapitular und Vorsitzenden des Caritasrates waren neben all seinen Aufgaben in der Seelsorge als Pfarrer einer großen Stadtgemeinde die Anliegen der Caritas immer ganz zentral. „Kirche hat für Menschen in Not da zu sein“, betont Propst Reinhard Heine. Das spiegelt sich auch in seinen letzten Amtshandlungen. So endet sein letzter Arbeitstag mit der Mitgliederversammlung des Caritasverbandes, einige Tage zuvor weiht Heine die Anlaufstelle für Prostituierte „KlaRissa“ der Caritas in der Leopoldstraße ein. „Ich bin auch froh, dass wir einen Diakon in der Gemeinde haben, der sich in besonderer Weise den Nöten der Menschen widmen kann und dass es da Projekte gab und gibt wie ein Bedürftigenfrühstück“, so der Pfarrer.
Viele Veränderungen gab es seit 2002 in der katholischen Kirche in der Löwenstadt. Seine Gemeinde mit heute etwa 11.000 Gläubigen wurde internationaler, die pastoralen Strukturen in den Gemeinden und das Dekanat Braunschweig großräumiger. Einerseits sei die Teilnahme am Gemeindeleben zurückgegangen – von der Pandemie noch verstärkt – andererseits gebe es viele Menschen, die sich in Kirche engagierten. „Es ist mein Eindruck, dass immer noch viele Menschen trotz zunehmender Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit etwas von Kirche wollen“, findet Heine. Froh ist er in diesem Zusammenhang über die große Zahl von Kindern, die jedes Jahr in der Gemeinde getauft werden.
In Zeiten, in denen die Kirchenbindung für viele Menschen – egal ob katholisch oder evangelisch – weniger relevant werde, sieht er gemeinsame Herausforderungen der beiden großen christlichen Kirchen. Besonders prägend in der Ökumene war für ihn die Zeit mit seiner Amtskollegin Uta Hirschler. „Ich bin froh über Erfahrungen mit einer Pröpstin und habe den Austausch mit ihr als sehr bereichernd empfunden“, blickt der Propst zurück und betont: „Das hat mich auch noch mehr fragen lassen nach der Rolle der Frau in meiner eigenen Kirche.“ Hier wünscht er sich unbedingt Reformen in der Kirche. In den evangelischen Kirchen sieht er auch Anregungen im Hinblick auf die Beteiligung sogenannter Laien an Entscheidungsprozessen. „Nicht um Macht darf es gehen, sondern um Synodalität, um ein gemeinsam in Augenhöhe im Glauben Unterwegssein.“
Heine blickt auf 39 Jahre als Priester zurück, mehr als die Hälfte seines aktiven Dienstes war er in Braunschweig tätig. Zuvor hatte der gebürtige Hannoveraner von 1996 bis 2002 die Aufgabe als Diözesancaritasdirektor inne, parallel dazu war er Pfarrer der Hildesheimer Gemeinden in Achtum, Bavenstedt und Einum sowie der Gemeinde Guter Hirt. Davor war er Kaplan in Goslar und Wunstorf sowie Pfarrer der Gemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Königslutter.
Kirche ist für Heine mehr als die Kirche am Ort, sie ist Teil einer Diözese und Teil einer Weltkirche. Besonders geprägt haben ihn seine Auslandsaufenthalte während des Studiums in Irland und später als Priester in Simbabwe. In dem südafrikanischen Land hat er mit Unterstützung von Gemeinden im Bistum helfen können, mehrere Kirchen zu bauen. Dass Kirche in Gesellschaft hineinwirkt, hat er auch aus dieser Zeit mitgenommen. Dies war ein weiteres großes Anliegen seines Berufslebens. „Ich bin froh über manche Überlegung und Austausch, den es gegeben hat zwischen der Verwaltung der Stadt Braunschweig und den christlichen Kirchen. Hier war der sogenannten Auctortag wichtig“, betont er. Der Heilige Auctor ist Schutzpatron der Löwenstadt. Im Gedenken an ihn gingen Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen und der Stadt in einen Dialog zu Themen wie Partizipation, Bekämpfung von Armut oder Leitbilder in Krisen.
Propst Heine bleibt in Braunschweig und zieht in die Weststadt. Konkrete Pläne hat er für den Ruhestand bewusst nicht: „Die Zukunft wird Möglichkeiten bieten, Dinge zu tun, für die bisher keine Zeit war, mal ins Theater zu gehen, Freundschaften und auch familiäre Kontakte mehr zu pflegen. Natürlich hoffe ich, dass ich auch ein wenig in der Seelsorge mithelfen kann.“
Nachfolger von Heine wird nach einer kurzen Vakanz zum 1. Dezember Domkapitular Martin Tenge. Tenge (62) war über viele Jahre Propst und Dechant des Regionaldekanats Hannover, ehe er vor vier Jahren Leiter für Personal/Seelsorge im Bischöflichen Generalvikariat Hildesheim wurde.
Am Sonntag, 3. September, um 11 Uhr wird Domkapitular Propst Reinhard Heine im Rahmen einer Heiligen Messe in St. Aegidien (Ägidienmarkt 12a) in den Ruhestand verabschiedet. Im Anschluss lädt die Gemeinde zu einem Empfang auf dem Spohrplatz ein.
Sabine Moser