Ausstellung eröffnet: Bilder zur Bibel im Jugendstil
In Braunschweig gerät der profilierte jüdische Künstler Ephraim Moses Lilien (1874-1925) kurz nach seinem Tod in Vergessenheit. Das will das Dominikanerkloster ändern.
In der Reihe „Kunst im Kloster“ haben die Dominikaner in Braunschweig kürzlich ihre Herbstausstellung „Ephraim Moses Lilien – Bilder zur Bibel“ eröffnet. Das Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ war für das Kloster Anlass, an diesen bedeutenden jüdischen Künstler mit einer Ausstellung und einer Publikation über dessen bemerkenswertes Leben und Werk zu erinnern. Lilien lebte zuletzt mit seiner Frau, einer Braunschweigerin, in der Löwenstadt, sein Grab auf dem jüdischen Friedhof ist bis heute erhalten.
1907 erhielt Lilien vom Braunschweiger Westermann Verlag den Auftrag zur künstlerischen Gesamtausstattung einer auf 10 Bände angelegten Ausgabe der Heiligen Schrift mit dem Titel „Bücher der Bibel“. Von 1908 bis 1912 konnten drei der zehn geplanten Einzelbände erscheinen.
In der Ausstellung im Kloster sind keine Originale von Lilien zu sehen, sondern die drei von ihm im Jugendstil illustrierten Bände der Bibel sowie 42 Reproduktionen aus diesen Büchern im großen Format. „Ich denke es spricht für die Qualität der künstlerischen Arbeit, dass das große Format den künstlerischen Ausdruck nicht verwässert, sondern eher noch hervorhebt und verstärkt“, findet Pater Hans-Albert Gunk, der gemeinsam mit Pater Wolfgang Stickler den Abend moderierte.
„Wir Dominikaner haben die Publikation geschaffen, um diese Bibelbilder, die so wunderbar sind, aus dem Vergessen zu retten und wir haben sie der jüdischen Gemeinde gewidmet. Wem sonst?“, fragt Pater Wolfgang.
„Diese Widmung ist nicht nur eine Widmung, sondern sie ist auch ein Ausdruck unseres Dankes für eine so langjährige freundschaftliche Verbundenheit von uns Dominikanern zur jüdischen Gemeinde“, ergänzt Pater Hans-Albert und überreicht Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Braunschweig, den Bildband.
„Lilien war ein Künstler, der mir bis vor kurzem völlig unbekannt war. Unser Interesse an ihm wurde eher zufällig geweckt durch eine Bibelillustration“, erläutert Pater Hans-Albert. Der bedeutende Künstler des rebellischen Jugendstils, Pionier der Werbegrafik, Erneuerer der modernen jüdischen Buchkunst und Mitbegründer des Jüdischen Verlages war politisch aktiv und stand unter anderem in Kontakt mit Stefan Zweig, Martin Buber und Chaim Weizmann, später erster Staatspräsident Israels. Außerdem war er mit Theodor Herzl – dem Begründer des Zionismus – befreundet.
1874 in der Nähe von Lemberg geboren, lebte er – wie die meisten Juden in Galizien, der heutigen Ukraine – mit seinen orthodox-jüdischen Eltern in ärmlichen Verhältnissen. Aus finanziellen Gründen holte ihn der Vater früh von der Schule. Nach mehreren aus Geldgründen gescheiterten Anläufen einer Künstlerausbildung, geht er 1899 nach Berlin. Seinen Durchbruch schaffte er 1900 mit der Illustration des Buches „Juda“. Das sei damals das Buch der Juden gewesen. Von nun an finden seine Arbeiten in zahlreichen Ausstellungen Beachtung, unter anderem in Wien, Lemberg, Berlin, Braunschweig, Budapest oder New York. 1925 stirbt Ephraim Moses Lilien während eines Kuraufenthaltes.
Auf dem Jüdischen Friedhof in Braunschweig ist er zusammen mit seiner Frau Helene – einer geborenen Magnus –, die 1971 in Dänemark verstorben ist, begraben. Den gut erhaltenen Grabstein ziert ein besonderes Relief mit ausgestreckten Händen. Dieses Zeichen ist ein jüdischer priesterlicher Segen. Er zeichnet Lilien als einen sogenannten „Cohen“ aus. „Das ist ein männlicher Nachkomme des Geschlechtes von Aaron. Sein Judentum war Lilien offensichtlich wichtig, das zeigt sich an diesem besonderen Segensgestus,“ erläutert Pater Wolfgang und verweist auf zahlreiche Beispiele in seinen Illustrationen.
Spuren von Lilien sind auch heute noch in Braunschweig zu finden. So war er maßgeblich daran beteiligt, die Inneneinrichtung der Hornburger Synagoge vor dem Verfall zu retten. Diese barocke Inneneinrichtung ist heute Mittelpunkt der Dauerausstellung „Ein Teil von uns. Deutsch-jüdische Geschichten aus Niedersachsen“ im Braunschweigischen Landesmuseum am Standort „Hinter Aegidien“.
Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Oktober im Dominikanerkloster in Braunschweig (Brucknerstr. 6) zu sehen. Öffnungszeiten: Montags, dienstags, donnerstags und freitags zwischen 9 und 12 sowie zwischen 16 und 18:30 Uhr, sonntags zwischen 10:30 und 12:30, daneben nach Vereinbarung (Tel.: 0162 / 2631180, E-Mail: hans-albert.gunk(ät)dominikaner.de). Die Publikation ist gegen eine Schutzgebühr erhältlich.
Sabine Moser