Wenn Väter „Vorlesen“ lernen
Auch Papas können gut vorlesen, das ist klar. Im Braunschweiger Familienzentrum St. Nikolaus haben sich Väter mit Pastoralreferent Siegfried Mehwald getroffen und diskutiert, wann sie mit dem Lesen anfangen sollen, welche Bücher sich eignen und was die Gutenachtgeschichte noch schöner macht.
Ob morgens, mittags oder vor dem Einschlafen: Kleine und größere Kinder lieben es, sich etwas vorlesen zu lassen. Wenn sich Kinder immer wieder dasselbe Buch wünschen, findet Siegfried J. Mehwald das sinnvoll. „Es bedeutet, sich mit dem Leben vertraut machen, indem man sich eigentlich Vertrautes immer wieder anhört“, sagt er beim Vorlese-Workshop für Väter.
Fünf Männer hören aufmerksam zu und berichten angeregt von ihren Erfahrungen, tauschen sich aus, stellen Fragen, üben das Vorlesen. Drei der Männer lesen ihren Mädchen und Jungen – meist vor dem Einschlafen – bereits regelmäßig vor. Volker Wolf aber auch mal am Sonntagnachmittag: „Da ich nicht so der Spieltyp bin, greife ich lieber zum Buch.“ Wilfried Sprock hat sich an dem Samstagvormittag ins Familienzentrum aufgemacht, weil er von seiner kleinen Tochter oft zu hören kriegt: „Papa, du liest viel zu schnell!“
Eine verlässliche Vorlesezeit ist wichtig
„Am besten ist es, wenn man das Lesen ritualisiert. Das heißt, es findet zu einer verlässlichen Zeit immer wieder neu statt, zum Beispiel immer wieder zum Einschlafen“, erläutert der Theologe. Außerdem, dass man nicht früh genug damit anfangen könne. Selbst sieben oder acht Monate alte Babys hätten schon Freude an einem Bilderbuch. Der Theologe berichtet einiges aus eigener Erfahrung als Vater und Großvater, daneben zitiert er Studien und betont, wie gut sich Bibel-Geschichten im Pixi-Format für die religiöse Erziehung schon der Kleinsten eignen. Er rät, nicht jedes Buch zu kaufen und in die katholische öffentliche Bücherei oder die Stadtbücherei zu gehen.
Kinder an Bücher heranzuführen und auch Väter fürs Vorlesen zu motivieren ist für den Pastoralreferenten ein großes Anliegen. „Überhaupt, das Vorlesen ist mir ein Vergnügen“, betont er. Als Theologe und Seelsorger ist er zuständig für die CityPastoral in Braunschweig und die Männerseelsorge im Bistum. Daneben arbeitet er als Sprecherzieher, Kommunikations- und Rhetorik-Trainer.
Echt und persönlich – und nicht stressen lassen
Sein Tipp an die Väter ist, so echt und persönlich wie möglich vorzulesen, vielleicht sogar aus der alten Bücherkiste der eigenen Kindheit. „Klar haben die Kinder bei der Geschichtenauswahl das erste Wahlrecht. Aber schauen Sie mal: Was gefällt mir denn, was ist mein Thema oder wovon bin ich begeistert? Also bei sich bleiben, sich nicht stressen lassen und in aller Gelassenheit vorlesen.“
Unterstützung bekam Mehwald für den Workshop von der Koordinatorin des Familienzentrums Christina Grobecker: „Kinder müssen von Anfang an lesen, weil die Fantasie angeregt wird. Sie sammeln Wörter, die sie normalerweise vielleicht gar nicht hören. Verbunden mit Bildern verknüpfen sich im Gehirn ganz viele Zellen, so dass Kinder auch viel offener werden, was Sprache betrifft und es leichter in der Schule für sie wird.“ Grobecker war es auch, die für Kinderbetreuung parallel zum Workshop am Samstagvormittag sorgte, damit auch die Mütter etwas Zeit für sich haben.
Sabine Moser