Tiefe Einblicke
Eine Ärztin und ein Arzt der Malteser behandeln Prostituierte in Braunschweig
Frauen, die ihren Körper an Männer verkaufen, haben in Braunschweig ab sofort eine neue Anlaufstelle: „KlaRissa“ – so heißt ein Projekt der dortigen Caritas für Menschen in der Prostitution und Sexarbeit, das am Mittwoch, 23. August 2023, offiziell eröffnet wurde. Beteiligt an dieser Beratungsstelle sind auch die Malteser. Aus ihren Reihen sorgen eine Ärztin und ein Arzt für die gesundheitliche Versorgung der Betroffenen.
Bis zu 350 Prostituierte soll es in Braunschweig geben. Viele haben Sprachprobleme. Hinzu kommen mangelnde Ortskenntnisse, prekäre Wohnverhältnisse, eine fehlende Krankenversicherung und die szenetypische Gewalt. Vielfältige Probleme, denen die Caritas bei KlaRissa nun mit einem breiten Angebot begegnet.
Dazu gehört seit März auch eine monatliche medizinische Sprechstunde. Die Braunschweiger Ärztin Dr. Anna Gösling und ihr Kollege Dr. Dieter Daunert sind dann für die ratsuchenden Frauen da. Jeweils an einem Mittwoch zwischen 11 und 14 Uhr bieten beide eine kostenlose Sprechstunde an. Dr. Daunert, ehemals niedergelassener Allgemeinmediziner und nun im Ruhestand, kümmert sich um die großen und kleinen medizinischen Nöte allgemeiner Natur, während die Frauenärztin Dr. Gösling eher Frauenbeschwerden im Blick hat.
Und das ist auch wörtlich zu verstehen, denn das kleine Behandlungszimmer der Gynäkologin ist nicht nur mit einem speziellen Untersuchungsstuhl, sondern auch mit einem Mikroskop ausgestattet, unter dem die 42-jährige Frauenärztin einen Abstrich sofort auf Infektionserreger untersuchen kann. Auch Zell- und Blutuntersuchungen sind möglich. Dafür arbeitet Gösling mit speziellen Laboren zusammen, die das fällige Honorar spenden. Um die Ausrüstung des Behandlungszimmers und das übliche Verbrauchsmaterial kümmern sich die Braunschweiger Malteser unter der Leitung des Stadtbeauftragten Frank Stautmeister.
Bis zu zehn Patientinnen behandelt Gynäkologin Gösling pro Einsatztag in KlaRissa. Viele kommen mit Entzündungen und Schmerzen, oft ist auch eine Vorsorgeuntersuchung angezeigt. „Die Patientinnen sind alle sehr dankbar für unseren Dienst hier“, sagt die erfahrene Frauenärztin. Ein schöner Lohn für eine ehrenamtliche Arbeit, die nach Ansicht Göslings eigentlich selbstverständlich sein sollte: „Ich habe zwei Kinder im Alter von zwölf und 15 Jahren, die mich nicht mehr ständig brauchen. Mir geht es gut, daher will ich etwas zurückgeben.“
Das tun Frauenärztin Gösling und Allgemeinmediziner Daunert unter dem achtspitzigen Kreuz der Malteser. Beide wurden zu Beginn ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit Mitglied des katholischen Hilfsdienstes – nicht zuletzt aus versicherungsrechtlichen Gründen. Doch auch inhaltlich fühlen sie sich hier gut aufgehoben: „Ich bin zwar evangelisch“, sagt Frauenärztin Gösling und lächelt – „aber beim Helfen kommt es ja nicht auf die Konfession an.“
mhd